Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e. V.

Abstimmung Häftlingsnamen

Neue Straßen und Zufahrten
auf dem ehemaligen KZ-Gelände…

… werden zwischen Ambergerstraße mit dem Finanzamt und dem Strudelbad entstehen.
Unser Verein will zwei Häftlinge auswählen, deren Namen für die Erinnerung an das KZ stehen. Wir schlagen sie dann Bürgermeister R. Ilg und der Stadt Hersbruck vor.
Einige Häftlinge sind in Hersbruck mit Namen bekannt, andere vielleicht aufgrund ihres schnellen Todes nicht.

Mitbürger können sich noch an ehemalige Häftlinge erinnern, die als Zeitzeugen in Hersbruck waren.

Wir bitten unsere Mitglieder und alle Interessierten, sich durch die Auswahl eines Namens an dieser Abstimmung zu beteiligen. Mitmachen kann jede Person mit E-Mail-Adresse und Namen.
Wir stellen Personen vor, die wir im Verein für geeignet halten.

Wir sind gespannt auf das Ergebnis.
Die Abstimmung läuft bis 08. April 2023.

Abstimmungsformular

Die Abstimmung endet am 08. April 2023

Datenschutz*

10 + 9 =

Beschreibung der einzelnen Namensgeber

Vittore Bocchetta

(1918 – 2021)

Ein bedeutender Künstler und Intellektueller in der humanistischen Tradition Europas, im privaten Umgang ein liebenswerter, humorvoller Mensch

(https://www.kz-hersbruck-info.de/die-opfer/vittore-bocchetta)

  • Italiener, geboren in Sassari, aufgewachsen in Verona; während der Kriegsjahre im antifaschistischen Widerstand
  • Juni 1944: trotz seiner Aktivitäten im Untergrund das Staatsexamen für Literaturwissenschaften abgelegt
  • August 1944: Verhaftung seiner Widerstandsgruppe, Deportation nach Deutschland ins KZ Flossenbürg; Ende September ins Lager Hersbruck überstellt
  • die unmenschlichen Bedingungen nur mit Glück überlebt; Flucht auf dem Todesmarsch und Rettung durch die Alliierten
  • Herbst 1945 Rückkehr nach Verona
  • aus Enttäuschung über das von ehemaligen Faschisten wieder beherrschte öffentliche Leben in Italien nach Amerika ausgewandert: Argentinien, Venezuela und ab 1958 USA
  • sein künstlerisches Talent entdeckt und entfaltet, auch den „doctor of philosophy“ in Chicago abgelegt
  • Lehraufträge in der vergleichenden Sprachwissenschaft ausgeübt; auch als Publizist tätig; Ehrungen und Auszeichnungen erhalten; wendet sich immer mehr der Kunst zu: viel beachtete Ausstellungen und öffentliche Aufträge für Großplastiken
  • 1992 Abschied von Amerika und endgültige Rückkehr nach Verona
  • Als Publizist wie als Künstler gilt seine Aufmerksamkeit immer mehr der Aufarbeitung der Vergangenheit. Er hat über das Erlebte Bücher geschrieben und Monumente der Erinnerung geschaffen. Vielerorts fanden Ausstellungen seiner Werke statt. Er hat an Symposien teilgenommen, Reden bei großen Gedenkveranstaltungen gehalten, und er hat Schulen besucht.
  • Ab 1995 auch Reisen nach Deutschland
  • 2007 in Hersbruck Großplastik in Bronze „Ohne Namen“, gewidmet seinen Mithäftlingen
  • 2016 in Hersbruck, Rede zum Holocaust-Gedenktag vor dem Bayerischen Landtag
  • Gestorben am 18.2.2021 in seiner Heimatstadt Verona.

      (Bild: Archiv Dokustätte 2015, JSR Hersbruck, TW)

      Dirk Boonstra

      (1893 – 1944)

      Beispiel für einen geradlinigen Menschen der nein sagt zum Unrecht einer unmenschlichen Gewaltherrschaft und die Konsequenzen auf sich nimmt. (vgl. Häftlingsbuch S. 51)

      • Niederländer, geboren am 24.2.1893
      • Militärdienst von 1913 bis 1918; danach Flurwächter und später Polizist; Familienvater von 5 Kindern
      • 1943 Internierung in Holland wegen seiner Weigerung, holländische Juden zusammenzutreiben und in ein Sammellager zu schaffen
      • Juni 1944: Deportierung ins KZ Dachau; Ende August Überstellung ins Arbeitslager Hersbruck
      • September 1944: gestorben im Krankenrevier des KZ Hersbruck
      • 8 Kameraden seiner Polizeistation hatten sich ebenfalls geweigert; sie überlebten und kamen im Sommer 1945 nach Holland zurück.
      • 1988 in Yad Vaschem: Auszeichnung durch den Staat Israel als „Gerechter unter den Völkern“
      • Juli 2014: Besuch des Enkels in Hersbruck, der zu Ehren seines Großvaters den gleichen Namen trägt

      (Bild: Archiv DokuStätte)

      Jacques Damiani

      (1924 – 2015)

      Wir müssen uns der kommenden Generation verständlich machen“.

      Vom Patriotismus und Anhänger Charles de Gaulles zum Kommunisten einer zwischenmenschlichen Solidarität (fraternité!) (vgl. Zwei Schicksale, Hersbruck 2021)

      • Geboren am 4.12.1924 in Paris
      • Schon als Jugendlicher im Widerstand; mehrere Male in Gefängnissen des Vichy-Regimes gewesen; anschließend nach Deutschland deportiert; KZ Dachau und Lager Hersbruck
      • Kommunist von Syndikalist in Fontenay/Paris
      • Ritter der Ehrenlegion
      • Gestorben am 21.3.2015 in Fontenay
      • In seiner Jugend glühender Patriot und Anhänger de Gaulles, sicher mit einer Prise Abenteuerlust
      • In den Gefängnissen mit jungen Kommunisten in Kontakt, ihre Ideen überzeugten ihn.
      • Sein Kommunismus bis ans Lebensende verstand sich nicht als Diktatur einer Partei oder gar einer Person, sondern als zwischenmenschliche Solidarität

      (Bild aus Zwei Schicksale, Archiv Dokustätte)

      Roger Caillé

      (1924-2008)

      “…ich habe einen Finger unter die Lore gelegt, und mir den Finger zerquetschen lassen. Auf diese Weise war die Arbeit für mich zu Ende.…”. Er beschreibt die schlechten Lebens- und Haftbedingungen im Lager Hersbruck. Viele Jahre lang war er Mitglied der Association des Déportés de Flossenburg et Kommandos, die jährlich in einer “pélérinage” (Pilgerreise) Hersbruck besuchte, der Opfer gedachte und an die Leiden der Menschen im KZ Hersbruck erinnerte. 2005 war er dabei als ein Hinweisschild “Doggerstollen ” in Happurg angebracht wurde.

      • Franzose, geboren 1924, Mitglied der Résistance. Er weigerte sich 1943, zur Zwangsarbeit nach Deutschland zu gehen, tauchte stattdessen unter.
      • Im März 1944 wurde er verhaftet und über Toulouse und Compiègne nach Auschwitz verschleppt, dann über das KZ Buchenwald nach Flossenbürg.
      • Am 15. Juni 1944 kam seine Gruppe französischer Häftlinge nach Hersbruck, zuerst noch in Happurg untergebracht.
      • Er wurde zum Bau der Bahnlinie und zum Stollenbau gezwungen.
      • Anfang April 1945 wurde er mit dem ersten Transport zur Räumung des Hersbrucker Lagers im offenen Kohlewaggon nach Dachau gebracht und am 29. April von amerikanischen Truppen befreit.

      (Vgl. Häftlingsbuch S. 55 und https://www.kz-hersbruck-info.de/die-opfer/caille-roger/)

      (Bild: Archiv DokuStätte)

      Bernt Engelmann

      (1921 – 1994)

      „… nur das Totschweigen der Ursprünge dieser Anlage [Doggerstollen, d. Verf.], die für Tausende zum Kalvarienberg wurde, hat mich erbittert. Ich finde den Gedanken, dort eine Erinnerungsstätte zu schaffen, ganz hervorragend.“ (1989 an den Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Happurg). „ehemalig. Häftling Nr. 28738 in Block 12 des Konzentrationslagers Hersbruck“, (Unterschrift zum Vorwort in Gert Vanselow „KZ HERSBRUCK. Größtes Außenlager von Flossenbürg“, 1983.)

      Schriftsteller und Publizist, in der Nachkriegszeit einer der wichtigsten Publizisten, der die braune Gesinnung in Staat und Gesellschaft benannt und kritisiert hat.

      • geboren in Berlin; in Düsseldorf das Abitur gemacht
      • Urenkel von Leopold Ullstein, dem Gründer dieses Verlags
      • als Soldat verwundet, nach längerem Lazarettaufenthalt nicht mehr „kriegsverwendungsfähig“
      • wegen „Judenbegünstigung“ 1944 ins Lager gekommen; völlig unterernährt und erschöpft überlebte er
      • später machte er sich als Journalist und Schriftsteller einen Namen
      • Engelmann besuchte auch Hersbruck und Happurg, u.a. zur Einweihung des Gedenksteins der DGB- Jugend 1983
      • Verleihung des Bernt Engelmann-Preises an Schulen im Rahmen des Wettbewerbs ErinnerungsRÄUME 2022 aufgrund seiner Verdienste um die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen

      (Bild: Archiv DokuStätte)

      Marian Frączak

      (1920 – 1944)

      und

      Kazimierz Frączak

      (1923 – 2012)

      „…empfand ich die Zeit in den KZ’s als schrecklich. Ich verlor dort meinen geliebten Bruder, der Opernsänger werden wollte. Meines Erachtens gibt es nur einen einzigen Weg, um die Konflikte zu vermeiden, und das ist, Kontakte zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten herzustellen. Mein Ziel ist nicht nur über die Vergangenheit zu berichten, sondern den Jugendlichen klar zu machen, dass sie die Zukunft sind und dass sich die Vergangenheit nicht wiederholen darf.”

      Kazimiersz sprach sich nach 65 Jahren in einer Rede auf deutsch für Versöhnung aus.

      (Häftlingsbuch S. 83 und 87)

      • geboren 1929 und 1923 in Warschau
      • September 1944 während des Warschauer Aufstands verhaftet, über Auschwitz nach Flossenbürg, dann nach Hersbruck deportiert
      • Kazimirz wurde wegen Deutschkenntnissen Vorarbeiter, Elektroarbeiten im Stollenbau
      • überlebte zwei Unfälle
      • Dezember 1944: Marian kam ins Krankenrevier und starb auf dem Rücktransport nach Flossenbürg
      • Januar 1945: Kazimirz kam mit der Gruppe des Küchenkapos nach Kochendorf, dann nach Flossenbürg.
      • Er wurde im April 1945 von der US-Armee befreit.
      • Er wurde Ingenieur und Mathematiker
      • 2001 und 2010 Besuche in Hersbruck

      (Bild: Archiv DokuStätte 2010_04)

      Ljubiša Letić

      (1925 – 2014)

      „… nur wir Betroffenen wissen, durch welche Hölle wir gegangen sind.” Seine Botschaft war Versöhnung

      (https://www.kz-hersbruck-info.de/project/letic-ljubisa/) (vgl. Ljubiša Letić, Überlebender…, ein Zeitzeugenbericht, Hersbruck 2012)

      • Serbe; aus einer Bauernfamilie in der Nähe von Novi Sad; sein Vater 1942 von ungarischen Faschisten ermordet; er selbst von ihnen im August 1944 als 19-jähriger Junge verhaftet und im Herbst 1944 der deutschen Besatzungsmacht übergeben; nach Deutschland deportiert
      • Dezember 1944: ins Lager Hersbruck überstellt; beim Stollenbau eingesetzt; musste den deutschen Sprengmeistern beim Bohren von Löchern für die Sprengladungen als lebende Stütze dienen; seitdem schwerhörig
      • April 1945: auf dem Todesmarsch mit letzten Kräften Schmidmühlen erreicht; dort von einer amerikanischen Panzereinheit befreit
      • Nach seiner Rückkehr Aufgabe des bäuerlichen Betriebs seiner Eltern; als Kraftfahrer bei der Sanität gearbeitet; Heirat 1954; seitdem mit seiner Familie in Novi Sad gelebt
      • Im April 2010 Einladung nach Hersbruck angenommen; dreimal Hersbruck besucht, Besuch der Leidensorte und Gedenkfeier und von Schulen
      • Januar 2013 Lesung aus seiner Lebenserinnerung „Was gewesen ist, ist gewesen, es darf aber so etwas nicht mehr geschehen“

      (Bild: Archiv Dokustätte, TW 2013-07)

      Alfred Nerlich

      (1911 – 2006)

      Ein Beispiel für einen rechtschaffenen Menschen, der den falschen Verheißungen der Nationalsozialisten widerstand. Er hat sich immer für Verständigung und Mitmenschlichkeit eingesetzt.

      (https://www.kz-hersbruck-info.de/project/nerlich-alfred)

      • Deutscher, aus Lissa/Leszno der Provinz Posen (heute polnisch)
      • 1940 von der Gestapo verhaftet; verurteilt zu 3 Jahren Gefängnis wegen des „Verdachts zu Tätigkeiten zu Ungunsten des Deutschen Reichs“; anschließend ins KZ Groß-Rosen gesteckt, ohne weiteres Gerichtsurteil.
      • Im Februar 1945 ins KZ Hersbruck verlegt; im April 1945 Evakuierung, Flucht auf dem Todesmarsch; Rückkehr nach Hersbruck.
      • Mitbürger in Hersbruck bis zum Tod 2006.
      • Ehrenmitglied des Vereins Dokumentationsstätte KZ Hersbruck

      (Bild: Archiv DokuStätte)

      Bernhard Teitelbaum

      (1920 – 2001)

      „… ob ich schon wanderte im finsteren Tal…“ nennt er seine Lebenserinnerungen 1992, als frühes Zeugnis über das KZ Hersbruck (im Nachdruck erhältlich). Sein ausgeprägter Lebenswille und sein fester Glauben ließen ihn die unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager überstehen.

      (Vgl. https://www.kz-hersbruck-info.de/die-opfer/teitelbaum-bernhard)

      • In Budapest geboren; jüdischen Glaubens;
      • 1941 von der ungarischen Regierung zum Arbeitsdienst (eher harte Zwangsarbeit) genötigt;
      • 1943 den Deutschen übergeben; nach Flossenbürg deportiert,
      • Mitte Juli 1944 nach Hersbruck überstellt.

      Er überlebt und heiratet in Budapest Elisabeth, eine Überlebende des Holocausts. 1946 flieht er nach Österreich und wandert 1950 mit seiner Familie nach Israel aus. Er arbeitet zunächst als Schuhmacher, wird Pädagoge und leitet ab 1962 eine Schule für Behinderte. Er schließt sich einer Gruppe deutsch-jüdischer Einwanderer in Nahariya an, die sich die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen zur Aufgabe gemacht hat.

      (Bild: Archiv DokuStätte, von K.M. Hacker)

      Janos Varga

      (1907-1945)

      Im Sommer 2014 besuchte Dr. Janos Varga, emeritierter Professor aus Salzburg, mit seiner Frau die Leidensorte seines Vaters. Er war der Sohn, der im November 1944 als damals Neunjähriger den Vater zur Festnahme auf die Polizeistation von Nagyoroszi begleitet hatte.

      (Vgl. Häftlingsbuch S. 175)

      • Ungar; geboren in Nagyoroszi, an der Grenze zur Slowakei;
      • arbeitete als Zimmermann in einem großen Steinbruchbetrieb; war verheiratet, hatte 2 Kinder. Seine Arbeitsgruppe in Ungarn (9 Männer) wurde Ende Oktober 1944 verhaftet. Grund: Beschimpfung des neuen faschistischen Szalasi-Regimes, das im Oktober 1944 die Macht in Ungarn übernommen hatte. Alle Neun wurden nach Flossenbürg deportiert.
      • Anfang Dezember 1944 kamen Varga und zwei seiner Arbeitskollegen zum Stollenbau nach Hersbruck. Keiner von den dreien überlebte, Varga starb als letzter am 6. April 1945.

      (Bild: Archiv DokuStätte)