Um den 9. November 1938 herum wurden in Deutschland und Österreich von staatlichen Stellen organisiert mehr als 1400 jüdische Synagogen, Geschäfte, Häuser und sonstige Einrichtungen verwüstet und teilweise zerstört. Jüdische Menschen wurden getötet, misshandelt und verhaftet. Es gab weit über 400 Ermordete. Die Gesellschaft im In- und Ausland konnte nun sehen wozu Nazi-Herrschaft fähig ist. Der Völkermord, den das Nazi-System plante und der dann auch folgte, wurde in der Öffentlichkeit sichtbar.
An der Gedenkstätte in Schupf wurde in diesem Jahr am 9. November genau der Ermordeten und Hinterbliebenen des Konzentrationslagers Hersbruck und des Naziregimes gedacht. Fast alle Parteien und viele Verbände aus dem Landkreis, sowie Vertreter der Kirchen waren anwesend.
Die Eröffnungsrede hielt Herr Dr. Helmut Ritzer, der seit 1993 zu dieser Gedenkstunde zusammenrief. Er erinnerte an vergangene Nazi-Verbrechen und ermahnte, das demokratische System, in dem wir jetzt leben, zu erhalten. Es ist etwas Empfindliches und nicht selbstverständlich. Es muss geschützt und verteidigt werden.
Die Vorsitzende der Bündnis 90/Die Grünen-Fraktion im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, war als Hauptrednerin eingeladen. Sie war aus wichtigen Gründen verhindert. Ihre Rede wurde verlesen. Auch sie stellte das Erinnern der Ermordeten und der überlebenden Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den Vordergrund. Dann mahnte sie vor Zukünftigem. Alle müssen wachsam bleiben und den demokratischen Staat und die offene Gesellschaft, ihre Vielfalt, verteidigen.
Die Vertreter der ortsansässigen Kirchen mit dem neuen evangelischen Dekan Tobias Schäfer beendeten mit einer gemeinsamen, ökumenischen Andacht die Gedenkstunde.
Musikerinnen und Musiker des Posaunenchor Kainsbach-Schupf unterstützten wie jedes Jahr die Veranstaltung mit Choraleinlagen.
Anschließend wurden alle Besucher*innen zur Lesung mit Gespräch im Hotel Kainsbacher Mühle in Kainsbach-Happurg eingeladen.
Dort las Peter Schön, der ehemalige Vorsitzende des Vereins Dokumentationsstätte KZ Hersbruck und Autor, aus seinem „Häftlingsbuch KZ Hersbruck“.
„Damals hat er nicht gemerkt, dass er von der SS missbraucht worden ist“, war sein Motto. Denn: Hannes war Pferdenarr gewesen und wurde schon mit 13 Jahren von der SS als Fuhrknecht dienstverpflichtet. Er arbeitete mit einem Pferdegespann für das Lager Hersbruck. Zwei bis drei Mal pro Woche holte er mit einem Leiterwagen Brot aus Kirchensittenbach ins Lager, jedes Mal ca. 2000 Laib, also etwa 2 Tonnen. Das erzählte der Hersbrucker, der später sein Leben in Altensittenbach verbrachte, noch zu Lebzeiten dem Autor des Häftlingsbuchs. Es enthält viele Einzelheiten, die die Schrecken der Jahre 1944/45 in Hersbruck lebendig werden lassen und das Mitgefühl anregen.
Die meisten der Verbrechen der Nazizeit an der Menschheit waren nur möglich, weil viele Menschen ihr Mitgefühl ausgeschaltet hatten. Also ist das Mitfühlen Lernen die beste Medizin gegen rechtsextreme Gedanken und Welterklärungen, die sich bei uns wieder breit machen. Ein kleiner, aber interessierter Kreis von Menschen ließ sich aus der Perspektive des Hersbrucker Jugendlichen Hannes über das KZ 1944/45 informieren.